Gut gemeint, schlecht gemacht:
Die größten Öko-Irrtümer der Deutschen
Ein ökologisch bewusster Lebensstil liegt voll im Trend. Eifrig trennen wir unseren Müll, sparen Wasser, steigen auf sparsamere Elektrogeräte um und kaufen Bioprodukte aus heimischem Anbau. Doch leider hat die Umwelt oft viel weniger davon, als wir glauben.


Nichts haben die Deutschen so sehr verinnerlicht wie das Credo des Wassersparens: Auf der Toilette drücken wir fast nur noch die Spartaste, und beim Zähneputzen kommt in vielen Haushalten wieder der gute alte Zahnputzbecher zum Einsatz. So verbrauchen wir heute täglich im Durchschnitt zwanzig Liter Wasser weniger als noch vor zwanzig Jahren. Doch unsere Sparsamkeit dient dem guten Gewissen mehr als der Umwelt: Denn in Deutschland gibt es reichlich Wasser. Und da Wasser ein lokales Gut ist, macht unsere Sparsamkeit die trockenen Regionen dieser Erde auch nicht grüner. Das Ganze spart noch nicht mal Geld. Denn in dem Ausmaß wie wir Wasser sparen, müssen die Wasserversorger die Kanäle nachspülen. Diese sind nämlich für eine größere Wassermenge ausgelegt. Die Kosten dafür landen letztendlich auf unserer Wasserrechnung. Wer wirklich etwas für die Umwelt tun will, versucht sparsam mit warmem Wasser umzugehen – denn das spart Energie.

Der Rebound-Effekt
Elektrogeräte werden seit Jahren immer effizienter. Man sollte also meinen, dass wir im selben Ausmaß auch tatsächlich Energie sparen. Aber weit gefehlt: Dieser populäre Irrtum wird auch als „Rebound-Effekt“ bezeichnet. Der Fernseher ist zwar sparsamer, aber gleichzeitig auch viel größer als der alte. Experten schätzen, dass bis zu sechzig Prozent der technisch möglichen Einsparungen durch Mehrkonsum wieder aufgefressen werden.

Mogelpackung "Gelber Sack"?
Neunzig Prozent der Deutschen sortieren ihren Müll. Die meisten von uns haben inzwischen zu Hause einen kleinen Entsorgungspark angelegt. Joghurtbecher und ähnliche Plastikbehältnisse werden bei manch einem sogar gespült, bevor sie im gelben Sack landen – in der Hoffnung, das Material ließe sich auf diese Weise besser wiederverwerten. Doch tatsächlich werden derzeit zwei Drittel der Gelben Säcke einfach verbrannt. In der Vergangenheit wurden zu viele Müllverbrennungsanlagen gebaut – und die müssen laufen. Bevor die Betreiber dafür teures Heizöl kaufen, erstehen sie lieber die billigeren gelben Säcke. Das ist auch völlig legal – nach Gesetzeslage muss nur ein Drittel recycelt werden. Das Säubern der Joghurtbecher ist somit vergeblich. Im schlimmsten Fall wird dafür sogar noch Energie verschwendet.

Regionale Lebensmittel oder Importware?
Beim Einkaufen herrscht Einigkeit: Lokale Produkte sind besser für die Umwelt. Doch auch dieses scheinbar so unumstößliche Gesetz gilt nicht uneingeschränkt. Vergleicht man die Ökobilanz eines heimischen Bodenseeapfels mit einem Apfel aus Neuseeland, dann kippt das Verhältnis im Frühjahr zugunsten des Importapfels. Geerntet wird in Deutschland ab Ende August bis Oktober. Ab dann lagern die Äpfel in Kühlhäusern bei Temperaturen von 4 bis 6 Grad. Das kostet natürlich Energie. Rechnet man den Schifftransport von Neuseeland und die Kühlung gegeneinander auf, dann ist ab April bis zur neuen Ernte im Spätsommer der Importapfel aus Neuseeland besser für die Umwelt als der heimische Apfel.

Nicht nur beim Wasserverbrauch, beim Kauf neuer Elektrogeräte oder bei der Mülltrennung regieren Halbwissen und Aktionismus – sondern im umweltbewussten Verhalten allgemein. Es ist höchste Zeit, nicht nur irgendetwas, sondern das Richtige zu tun.