Bubble hat geschrieben:
Würde so gerne zumindest etwas in Mathe können, bin aber leider für alles, was wir im Unterricht machen, zu blöd
Dein Problem haben sehr viele Leute. Ich hatte das auch. Ich möchte das mal etwas länger erklären, weil sehr viele Leute in Mathematik sehr entmutigt werden.
Du bist schlecht in Mathematik, weil es Dir nie als das beigebracht wurde, was es eigentlich ist. Mathematik ist eine Sprache. Sie kennt bestimmte Regeln, bestimmte Wörter und man könnte sagen, dass sie auch eine klare Grammatik hat. Wie mit jeder anderen Sprache beschreibt man in Mathematik Dinge, sagt irgendetwas, kann auch lügen, und über Probleme reden. Aber es stellte sich heraus, dass Mathematik die beste Sprache ist, diese Probleme dann auch gleich zu lösen.
Statt Mathematik als Sprache zu begreifen, hast Du aber ein paar Rechenarten (plus, minus, usw.) gelernt und dann Geraden auf kariertes Papier gezeichnet. An dem Punkt scheiden viele Schüler aus. Es wird zu abstrakt. Meiner eigenen Einschätzung nach liegt das daran, dass diese neuen Konzepte plötzlich erklärt werden und die meisten Schüler damit überfordert sind. Manche scheitern auch schon am Bruchrechnen, weil seltsame neue Regeln eingeführt werden, die irgendwie nicht ganz Sinn ergeben.
Ich war auf dem Gymnasium in Mathematik sehr sehr schlecht, nur fünfen und sechsen. Jetzt studiere ich Physik und das ist
nur Mathematik und es soll nicht eingebildet klingen, wenn ich sage, dass es hoch kompliziertes Zeug ist.
Ich wollte unbedingt Physik studieren und habe mir Mathematik deshalb nochmal genauer angesehen. Mir fiel auf - was im Nachhinein eine Art "dahh.."-Moment war - dass ich Mathematik nicht verstehe, weil ich die Sprache einfach absolut nicht gelernt habe. In Schulen lernt man nicht die mathematische Sprache, sondern bestimmte Fälle und mögliche Lösungswege dazu. Das ist, als würde ich Dir deutsch beibringen, indem ich Dir erkläre, wie Du verschiedene Leute ansprichst, was zu Essen bestellst und Kinokarten kaufst. Also wie ein Tourist. Du merkst Dir dann ein paar Phrasen, aber hast keinen richtigen Bezug zu all dem, was dazwischen funktioniert. Die Leute, die in der Schule richtig gut in Mathematik sind, haben meistens ein etwas tieferes Verständnis begriffen. Aber selbst diese Leute sind, falls sie auf eine Universität gehen, meistens absolut überfordert, wenn sie einen mathematischen Studiengang wählen. (Deshalb gibt es Vorkurse im Sommer und viele überlegen es sich währenddessen auch anders.) Sie waren in der Schule sozusagen die best gebildeten Touristen. Sie wussten nicht nur, wie man eine Phrase sagt, sondern hatten auch ein wenig über das Gebäude gelesen und den Reiseführer etwas genauer studiert. Aber sie können die Sprache trotzdem nicht wirklich.
Wenn Dein Ziel ist, nur wie alle anderen ein Tourist zu sein, der gut genug ist, solltest Du Dir all das ansehen, was Du die letzten Jahre nicht ganz gelernt hast. Einfach wirklich nochmal ansehen, Tutorials (Khan Academy ist sehr gut) helfen dabei, Fragen in Foren stellen (die Leute sind netter als hier!) und täglich einige Aufgaben lösen. In zwei Monaten ist Dein Verständnis komplett anders.
Wenn Du Mathematik richtig begreifen möchtest, also die Sprache sprechen möchtest, hilft es, Dich erstmal mit Nummern auseinanderzusetzen. Du wirst dann feststellen, dass Nummern mehr sind als das, was Du gelernt hast und im Grunde die Basis dieser Sprache sind. Wenn Du Nummern ungefähr verstanden hast, kannst Du Dir ein paar Gebiete näher ansehen. Algebra und Geometrie etwa. Auch hier gibt es Tutorials, die nicht so einschläfernd sind wie die Schulstunde. Du kannst Dich mit der echten Welt beschäftigen. Eine lineare Funktion in der wirklichen Welt ist zumindest interessanter als eine aus dem Schulbuch. Dazwischen lernst Du dann auch viel über die Leute, die all diese Dinge herausgefunden haben, kennst Anekdoten, usw.. Nach einer Weile siehst Du Mathematik mit ganz anderen Augen. Es ist wie Englisch oder Hebräisch lernen. Die Wörter und Zeichen machen langsam mehr Sinn. Den Schulstoff zumindest kann man irgendwann sehr leicht begreifen, weil er auf einem geringen Niveau ist. Ich denke, es braucht eine lange Zeit, bis man Mathematik "fließend" spricht, aber wenn Du auf dem "ich kann mich unterhalten"-Level bist, ist der Schulstoff schon leicht zu erledigen.
Das sind also doch zwei paar Schuhe. Der Lehrer sollte einem freilich nahebringen, was es mit der Nullstelle auf sich hat - die "nakten Zahlen" kann man dann doch trotzdem im Taschenrechner tippen.
