Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?, schreit er in den Himmel, denn der Himmel ist grau und sein Herz ist einsam. Seine wundervollen Tränen sind verschwendet, es hört niemand hin. Er ist in der Wüste, so weit und grau ist sein Herz. Ein Schrei drängt sich seine Kehle hinauf, will entweichen, will erklingen. Rinder sollen aufschrecken, doch es sind keine zu sehen.
Regen vermischt sich mit seinen salzigen Tränen und wäscht sein Gesicht, dass es rein ist, doch das ist es nicht.
Am schwarzen Meer zieht die silberne Sichel vorüber, das siebte Mal, glaubt er, doch er hat schon längst aufgehört zu zählen. Die Zeit fließt nicht, sie zergeht. Schmilzt, aber es ist kalt. Wie im Sommer, so kalt. Nicht einen Moment denkt er an seine Rückkehr. Manchmal fragt er sich, ob er überhaupt zurück will, doch er wird nicht. Denn er will nicht daran denken, also tut er es auch nicht.
Möglicherweise ist es auch schon das achte Mal.
In der Ferne sieht er etwas, eine Fatamorgana, das weiß er. Sie wabert und schillert und ist wunderschön. Bunt, unecht, er möchte es anfassen. Seine Finger berühren Stoff, glaubt er, dann Haar.
Mein Gott, mein Gott, so ruf ich dich am Tag, doch schweigst du in der Nacht, das flüstert er. Er atmet und schwitzt und bemerkt, wie seine Glieder steif werden. Bewegen, das ist unmöglich, nun. Nun, da die Sichel fort ist. An einem anderen Ort, doch wo, das weiß er nicht.
Einen Tropfen Blut verliert er und er weint. Mein Gott, mein Gott, verließ ich mich auf dich, wie du sagtest, so bist du gegangen.
Und dann spürt er den Sand an seinem Rücken, wie winzige Klingen, sie bohren sich in seine Haut. Es ist an seinen Armen, das Blut, rot wie die Sonne. Rot wie das Meer, in dem die Pferde ertrinken. Er würde es wagen, oh ja, das würde er. Doch das Horn bohrt sich in sein Herz, so wie er zu atmen beginnt. Er kann es sehen, wie es pumpt, direkt vor seinen Augen und auch die Fatamorgana kann er sehen. Und erneut will er sie berühren, so lange hat er nichts mehr gespürt und nun endlich. Vierzig Jahre vielleicht, doch sicher weniger. Doch sein Volk hat ihn verlassen, allein ist er. Am Dornenbusch hat er sich geschnitten und am Feuer verbrannt.
Mein Gott, mein Gott, ich fleh dich an, so wimmert er und seine Stimme bricht. Lass mich nicht sterben, denn innen bin ich nichts.
Wie muss wohl ein Paradies mit Fülle und Reichtum sein? Vergänglich wie alles, denn alles geht zu Ende, nur eins nicht. Weißt du denn nicht, was sie sagen? Oh nein, denn sie sprechen in Rätseln und niemand weiß sie zu lösen. Erst, wenn es geschieht.
Mein Gott, mein Gott, so sterb ich hier, keucht er und er schenkt der Fatamorgana einen Blick, denn ihr ist er schon so oft verfallen. Sie ist echt, in seinem Kopf. Vor deinen Augen sterb ich hier. Mein Gott, mein Gott, du hast mich umgebracht.
Und die Sonne, so rot wie das Meer, das sich teilte, senkt sich herab, denn sie kann das Elend nicht länger mit ansehen und so wacht die silberne Sichel über ihn. Zu keiner Zeit war er allein.