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BeitragVerfasst: So 29. Mär 2015, 19:02 
Rosa Lachs
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Registriert: So 15. Mär 2015, 02:10
Beiträge: 202

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 Betreff des Beitrags: Fragmente einer Kindheit

Ein Gefühl der Zürückweisung, dass wohl erste Gefühl an das ich mich im Kindergarten speziell erinnern kann. Ich nehme an das ich zu dem Zeitpunkt vier Jahre alt bin als ich von dem hierarchischen Oberhaupt einer Gruppe spielender Kinder dazu aufgefordert wurde, diese zu verlassen. Ich habe kollektive Erinnerung wie mein Alltagsleben im Ganztagskindergarten ungefähr ausgesehen hat, aber nur wenige die ich bewusst wiederspiegeln kann. Ich habe immer viele Geschichten erzählt, meine Erzieherinnen haben, bis ich fünf Jahre alt war, daran geglaubt ich käme von einem Bauernhof. Nach dem Mittagsessen um 12 Uhr ging es eine Etage hoch in den Schlafraum, dort waren Matrazen sorgfältig auf dem Boden verteilt und jeder hatte seinen Schlafplatz. Meist schlief ich während der Geschichte, die uns die nette Frau vorlas, ein, nur selten bekam ich mit wie diese den Raum verließ. Nach einer Stunde der Ruhe wurden die Kinder wieder geweckt, ich meist als meine Mutter um 5 Uhr erschien um mich abzuholen. Das war mein Alltag im Kindergarten.

''Papa, wann fahren wir? Papa, wann fahren wir?'', sprach ich energisch. ''Wenn das hier vorbei ist'', antwortete er mir und widmete sich wieder dem Bier und der Formel 1. Es muss ein Wochenendtag gewesen sein als ich ihm den letzten Nerf raubte, wie fünf-jährige das eben tun. Ich sehe noch heute die Bilder in meinem Kopf von der schreienden Mutter die ihm drohte die Polizei anzurufen wenn er nicht sofort von mir ablässt, es ist nicht der Schmerz an den ich mich erinnern kann als er mich mit Tritten malträtierte, es ist der bloße Ausdruck in den Gesichtern meiner Eltern. Weit aufgerissene Augen, ein paar völlig durchgedreht und das andere im Schock und der Hilflosigkeit, die Frage was ich denn gemacht habe um dieses unerträgliche Bild von Gesichtern sehen zu müssen, sollte ich mich noch einige Jahre danach fragen.

Es muss auch in jenem Alter von 4-6 Jahren gewesen sein als ich morgens zwischen meinem Vater und meiner Mutter aufwachte, meine Mutter war im Bad während mein Vater wach neben mir lag, er streichelte mich und gab mir Küsse. Ich kann mich noch an das Unterhemd erinnern das er trug, es war einfach nur weiß. Ich sprang auf ihn und rang mit seinen spielerischen Händen, er lachte so fröhlich als er sich mit meiner frühkindlichen Rauflust beschäftigte. Dieses lachen während wir miteinander rangen werde ich wohl nie vergessen, es war einer der schönsten Momente an die ich mich erinnern kann.

Der Einschulung stand an, sowie jedes Kind war das wichtigste auch für mich die Schultüte die gefüllt mit allerlei Süßigkeiten, so vielen, dass selbst ein Kind das total auf diese stand es nicht schaffte sie an einem Tag zu leeren. Der Schulunterricht war stets langweilig und nicht wirklich fordernd, ich verstand viele Dinge schneller als meine Mitschüler, ich ging nicht gerne in die Schule. Nach meinem Schulalltag ging ich immer zu meiner Oma, meiner zweiten Mutter, sie kochte ganz besonders gut. Nachdem wir am Tisch, mein Opa, meine Tante und Oma, gegessen hatten, gingen alle zurück an ihre Arbeit außer meiner Oma. Sie brachte die Küche in Ordnung und schaute mir beim Hausaufgaben machen zu. Danach gingen wir gemeinsam in das Wohnzimmer wo sie in ihren Sessel versank und in den Fernseher blickte. Ich legte mich auf die Couch und beobachtete sie dabei bis ich friedlich einschlief. Wie schon im Kindergarten holte meine Mutter mich nach der Arbeit um 5 Uhr ab, ich war meist noch gefangen in Träumen.

Meine kleine, große Schwester und ich schliefen in dem Alter für gewöhnlich zusammen in einem großen Bett im Obergeschoss. Ich hatte ein eigenes Zimmer wollte aber nicht allein schlafen. In dieser Zeit, als ich das erste mal bemerkte wie mein Vater zu exzessiven Alkoholkonsum neigt habe ich fast jeden Abend, so auch meine Schwestern, den Hintern versohlt bekommen. Ich hab es immer am meisten abbekommen sodass ich irgendwann nur noch Schmerz heuchelte, bis der Kochlöffel zum Einsatz kam. Wir waren laut und ich kann verstehen das es nervte als wir nach dreimaligem Auffordern zur Ruhe, es immernoch nicht waren. Es war grausam. Dies ging so für einige Wochen in denen vermutlich beide Elternteile sehr gestresst waren.

Als ich in die zweite Klasse kam wurde auch meine kleine Schwester eingeschult, auch die zwei Kinder der Nachbarn. Meine Schwester ging morgens immer mit ihnen zur Schule, ich ging mit. Sie wollten, bis auf den Jungen, nicht, dass ich mit ihnen ging, ich wurde stets abgelehnt und hatte daran hart zu knabbern. Ich hatte damals ein ausgeprägtes Verständnis für solche Emotionen und war mir im Alter von sieben Jahren bewusst, das andere Kinder es wohl nicht merken wie sehr sie in der Lage sind Leid und Zweifel zu verbreiten. Mit der Einschulung meiner Schwester kam auch ein Kind in die Schule das stark an dem ADS-Syndrom litt, dieser Schüler war so frech das er später sogar dem Direktor gegen das Bein treten sollte. Er hat mir jeden morgen, nach erfahrener Zurückweisung des Schulantritts mit meiner Schwester, gegen das Schienbein getreten und ist dann weggelaufen. Ich glaube das meine Mutter es erst in der dritten Klasse herausfand als ich einmal bei ihr schlief. Ich zog mich aus und hatte die ganzen Beine blau, meine Mutter war geschockt und rief direkt die Mutter des dafür verantwortlichen Kindes an. Es hat zwar nicht aufgehört, aber es war nicht mehr ganz so schlimm.

Als ich neun Jahre alt war ging die Ehe meiner Eltern dem Ende entgegen, jeden Abend konnten wir den Nachrichtenansager des Telefons hören, ich heulte mich oft in den Schlaf. ''Ich bring dich um du Missgeburt'', sprach das Telfon an vielen Abenden, ich hatte Angst und zweifelte daran das dies mein Vater sein könnte, ich wollte es nicht wahrhaben. Eines Abends kam dieser zu unserem Haus, er hämmerte mit seinen schweren Händen gegen die Tür, es waren Donnerschläge und genauso viel Angst machten sie uns. Meine Schwestern und ich saßen auf der Treppe, völlig verängstigt, und blickten nach draußen auf eine Gestalt die völlig den Verstand verlor. Meine Mutter sagte uns das wir den Aufforderungen die Tür zu öffnen keinesfalls folgen sollen. Mein großer Bruder, damals 19, versuchte ihm zuzureden, vergeblich. Wir sahen durch die Scheibe wie unser Vater zum Auto meiner Mutter ging und seine Faust so hart auf die Scheibe schlug das diese gesprungen war. Er holte einen Hammer aus seinem Auto und zerstörte nacheinander alle Scheiben des Autos. Ich kratzte mir bei diesem Anblick unbewusst die Beine auf. Die Cousine meines Vaters, die ebenfalls anwesend war, sagte meiner Mutter sie solle die Polizei anrufen. Mein Vater brüllte wieder durch die Tür und forderte uns auf sie zu öffnen, als wir es nicht taten holte er einen Benzinkanister aus dem Auto und lief damit um das Haus. Wir waren gezwungen die Tür zu öffnen. Mein Vater kam rein, schubste meinen Bruder beiseite und rannte auf meine Mutter zu, die Cousine stellte sich in den Weg. Mein Bruder lief auf ihn zu und konnte den Schlag in Richtung meiner Mutter so beeinträchtigen das er nur die Brille zerstörte. Cousine und Bruder stürzten sich auf meinen betrunkenen Papa, sie hielten ihn zusammen am Boden fest, sie lagen quasi auf ihm bis er sich beruhigte. Er saß dann in der Küche, mit meinem Bruder, der Cousine und meiner Mutter und trank Kaffee bis die Polizei antraf. Er stand auf und ging zum Durchgang der zum Wohnzimmer führte, in dem meine kleine, große Schwester und ich geschockt auf der Couch saßen. Er sprach wirres Zeug und heulte, er sagte uns wie sehr er uns liebt, seine Stimme war verbittert, so als merke er langsam welchen Schaden er angerichtet hat. Wir heulten als ihm vor unseren Augen Handschellen angelegt wurden und er schließlich zur Polizeistation eskortiert wurde. Mehrer Wochen in denen ich mich in den Schlaf heulte folgten auf diesen Abend. Ich fragte mich ob ich Schuld an all dem war, ich versuchte zu begreifen was geschehen ist. Diese Nacht sollte mich in ein Leben voller Zweifel stoßen. Auch heute noch wache ich manchmal mit aufgekratzten Beinen auf.


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