Die Entwicklung ist alles andere als besorgniserregend. Bevor ich in die Materie etwas stärker einsteige, ein paar Vorbemerkungen.
1. Zunächst einmal finde ich es eine große Errungenschaft, dass sich heute viele Frauen selbst verwirklichen und keine Kinder haben wollen. Ich kenne auch einige Frauen, die beruflich sehr erfolgreich sind, kinderlos und glücklich sind. Ich freue mich mit ihnen, dass es bei ihnen so gut läuft.
2. Die Anzahl der Kinder wird durch eine Vielzahl an Einflüssen bestimmt. Das Drehen an einzelnen Stellschrauben wie z.B. Schaffung von Kitas oder Erhöhung des Kindergeldes oder ähnliches ändert die Geburtenrate nur marginal.
3. Es gibt keine Wertigkeit; d.h. die Frauen entscheiden autonom, was sie wollen; für die Anzahl der Kinder, braucht sich keine Frau zu rechtfertigen. Die Frauen sollten sich jede Einmischung von aussen verbitten.
Nun zum eigentlichen Thema:
Global gesehen sagen die Prognosen, dass sich die Weltbevölkerung etwa bis 2050 auf ca. 9 Milliarden erhöhen wird und danach langsam zurückgehen wird. Allgemein ist die Entwicklung so, dass in Entwicklungsländern eine hohe Geburtenrate (ca. 4% der Bevölkerung) und eine hohe Sterberate (ca. 3% der Bevölkerung) vorliegt; ist dann das Land ein Schwellenland, dann nimmt zuerst die Sterberate auf ca. 1% deutlich ab und das Bevölkerungswachstum erhöht sich, weil die Geburtenrate zunächst unverändert hoch bei ca. 4% bleibt. Mit zunehmender Bildung der Frauen nimmt dann die Geburtenrate zeitverzögert ab und nähert sich der Sterberate an, so dass die Bevölkerung danach nur noch gering wächst oder stabil bleibt.
Am längsten dauert die Entwicklung in einigen afrikanischen Staaten; man erwartet aber, dass sich in den nächsten Jahren das Bevölkerungswachstum in Indien und Lateinamerika stabilisieren wird.
Betrachten wir jetzt im folgenden einmal Deutschland. In Deutschland bekommen die Frauen etwa 1,37 Kinder. Zum Erhalt der Bevölkerung wären 2,1 Kinder notwendig; 2,0 Kinder reichen nicht, da manche aufgrund von Unfällen vor dem gebärfähigem Alter sterben oder sich nicht vermehren können. Rechnen wir nun für eine Generation 30 Jahre, dann beträgt die Wachstums- oder Schrumpfungsrate pro Jahr demzufolge (1,37 / 2,1 ) ^ (1 / 30) = 0,98586... so dass sich die Exponentialfunktion 0,98586...^x ergibt, d.h. pro Jahr schrumpft die Bevölkerung um ca. 1,4%. Dies gilt, wenn der Wanderungssaldo (Zuwanderung minus Abwanderung) Null wäre. Nun wissen wir, dass der Wanderungssaldo in Deutschland positiv ist; aber bleiben wir jetzt einfach mal bei der Annahme, dass der Wanderungssaldo Null wäre. Was würde passieren?
Machen wir einfach eine einfache Extrapolation:
Bevölkerung:
2012 ca. 81,8 Millionen 2020 ca. 73,0 Millionen 2030 ca. 63,3 Millionen 2050 ca. 47,6 Millionen
Natürlich ist dies umso spekulativer, je weiter man in die Zukunft schaut; berücksichtigt man den Wanderungssaldo, dann dürfte die Einwohnerzahl Deutschlands im Jahre 2050 etwa bei 65 Millionen liegen.
Doch massgebend ist etwas völlig anderes. In einem gesättigten Industrieland beträgt im Mittel der Produktivitätszuwachs pro Jahr ca. 1,5%. Unter der Berücksichtigung von gleichbleibenden Arbeitszeiten bedeutet dies ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 1,5% pro Jahr, d.h. pro Jahr kann bei gleicher Arbeitszeit 1,5% mehr Nutzen erwirtschaftet werden.
Schauen wir uns noch einmal die Schrumpfungsrate der Bevölkerung pro Jahr an. Der Multiplikator ist (1,37 / 2,1) ^ (1 / 30) = 0,98586.... Multiplizieren wir nun einmal diesen Muliplikator mit dem durchschnittlichen realen Wirtschaftswachstum von 1,5%, also 1,015 dann erhalten wir: 0,98586... * 1,015 = 1,00065...
Das bedeutet nichts anderes, dass die geringere Bevölkerung durch den technischen Fortschritt künftig denselben Output erbringen kann, wenn man die bisherigen Daten über die gesamte Volkswirtschaft extrapoliert. Natürlich werden auch künftig Umstrukturierungsprozesse notwendig sein, da sich das Nachfrageverhalten ändert und auch der technische Fortschritt in den einzelnen Branchen unterschiedlich verlaufen wird. Aberdiese Umstrukturierungsprozesse gab es schon immer. As Beispiel sei die Umwandlung des Ruhrgebiets von einem Kohleindustriegebiet in ein Dienstleistungsgebiet zu nennen.
Hinzu kommt noch ein zweiter Aspekt: Für die geringere Bevölkerungsanzahl brauchen wir auch nicht mehr so viel Infastruktur (Schulen usw.) vorhalten, so dass sich der Aufwand ebenfalls reduziert.
Wie sieht es nun mit der Sozialversicherung aus?
Wichtig sind zunächst einmal offene Kapitalmärkte. Die Bürger müssen während ihres Berufslebens die Möglichkeit haben ihr Geld im Ausland anzulegen; während der Rentenphase holen sie es dann peu a peu nach Deutschland zurück. Wichtig sind auch offene Warenmärkte. Während des Berufslebens exportiert Deutschland mehr; während des Rentenlebens importiert ggf. Deutschland mehr. Das höchste Nutzenniveau ergibt sich bekanntlich bei Freihandel. Bei offenen Kapitalmärkten und Warenmärkten stellt sich auch dies nicht als Problem dar. Sinkt nun ab 2050 die gesamte Weltbevölkerung, so gelten obige Überlegungen analog; nur gibt es dann kein Ausland mehr. Die gesamte Erde muss dann als einzige Freihandelszone betrachtet werden.
Das Problem liegt - wie ich schon wiederholt betont habe - ganz woanders. Das System der Marktwirtschaft ist ein DIVERGENTES System, d.h. die Kluft zwischen arm und reich wird immer größer. Hier ist die Politik gefragt, durch ganz energische Massnahmen gegenzusteuern. Doch genau an an dieser Stelle versagen CDU/CSU, FDP, SPD und leider auch die Grünen völlig. Lediglich die Linke hat das Problem erkannt. Durch die ESM-Massnahmen und Eurorettungspakete wird - wie man in zahlreichen Analysen zeigen kann, die Kluft sogar noch vergrössert. Das Vermögen der Reichen und der Banken wird mit Steuergeldern gestützt.
Die Diskussion um die Schrumpfung der Bevölkerung ist wieder einmal ein Ablenkungsmanöver von den wirklichen Problemen.
|