Der Umzug
Heute ist es soweit: Wir ziehen um. Vor einem Monat hat meine große Schwester Stefanie beschlossen, einfach mal in eine andere Stadt zu ziehen. Ich will das nicht, hier wohnen alle meine Freunde. Aber Stefanie hat einen besseren Job gefunden, 50 Kilometer weit weg von unserem Haus.
Warum? Warum müssen wir umziehen? An diesem Haus hängen so viele Erinnerungen. Hier hab ich mich das erste Mal wie in einer Familie zuhause gefühlt. Ihr wundert euch? Ok, ich erzähl euch einfach wie ich hier gelandet bin.
Vor zehn Jahren wurde ich in Dortmund geboren. Ich wusste noch nicht was mir alles passieren sollte. Meine Mutter war Alkoholikerin und mein Vater ist nach meiner Geburt abgehauen. So etwas wie Liebe oder Aufmerksamkeit habe ich nie von meiner Mutter bekommen. Sie hat mich nur beleidigt oder geschlagen und Essen hatten wir auch nur ganz selten. Ich musste vier Jahre im Dreck leben bis meine Tante uns besucht hat und gesehen hat wie schlecht es mir geht.
Sie hat mich bei sich zuhause aufgenommen. Schön und gut, denkt ihr jetzt, aber sie war arbeitslos und hatte noch vier andere Kinder, deshalb musste sie mich in Kinderheim stecken.
Dort blieb ich dann zwei Jahre bis mich Stefanie adoptiert hat. Seitdem ist sie für mich wie eine große Schwester und der tollste Mensch der Welt. Naja, sie wäre ein noch tollerer Mensch wenn sie mich nicht zu diesem Umzug zwingen würde.
„Lissy, Telefon für dich, Lisa ist dran!“ Lisa ist meine beste Freundin. Sie werde ich am meisten vermissen.
„Hi!“
„Hey, wie geht es dir ?
„Scheiße, du weißt doch, wir ziehen um.“
„Ja, dann mach doch etwas dagegen !“
„Toll ! Meinst du ich hab dass nicht versucht ?! Ich hab Stefanie angebettelt, angefleht, angeschrien und ich bin von zuhause weglaufen. Aber sie hat mich nach zwei Stunden gefunden.“
„Lissy, lass dir was einfallen. Ich will nicht dass du wegziehst !“
„Ok mache ich. Bis dann.“
„Tschüss.“
Ich soll mir was einfallen lassen, aber was? Am Besten rede ich einfach nochmal mit meiner Schwester, vielleicht gibt es ja doch noch ein Wunder.
„Stefanie !!!“ ,schreie ich durchs ganze Haus und sie kommt aus der Küche. „Was ist denn, meine Süße ?“ „Ich will nicht umziehen. Ich will nicht alle meine Freunde verlieren !“ Stefanie lächelt mich an und sagt: „Lissy, du wirst deine Freunde nicht verlieren, du hast die Möglichkeit neue Freunde zu finden. Wir ziehen doch nicht in ein anderes Land. Wir können jederzeit hierhin fahren und deine Freunde besuchen. Wenn ich den Job hab, können wir jeden Tag etwas Tolles machen.
Das ist doch schön oder nicht?“
„Dir ist es total egal, wie ich mich fühle. Du denkst nur an dich und an deinen dummen Job. Du bist so egoistisch. Du machst nie etwas für mich und jetzt willst du mich meinen Freunden und meinem Zuhause wegnehmen !!“
Stefanie kommt mir näher und umarmt mich. Ich hasse das, ich bin so sauer und sie umarmt mich einfach.
„Lissy... es kann nicht immer nur nach deinem Willen gehen. Manchmal muss man eben auf Altes verzichten und etwas Neues anfangen. So jetzt komm mit zum Auto, die Sachen sind schon alle gepackt.“
Ich kann es nicht glauben, sie geht einfach als wenn nichts wäre. Schlecht gelaunt steige ich ins Auto. Jetzt ist mein Leben endgültig ruiniert.