Telekom beugt sich wütenden Kunden

Von Varinia Bernau

Nach der harten Kritik an der Tempo-Bremse im Internet ändert der Konzern die umstrittenen Pläne. Die Geschwindigkeit beim Surfen wird weniger gedrosselt. Verbraucherschützern reicht das nicht

München - Nach massiven Protesten gegen eine Tempobremse im Internet hat die Deutsche Telekom ihre für 2016 geplanten Tarife überarbeitet. Zwar soll die Übertragungsgeschwindigkeit auch weiterhin gesenkt werden, sobald eine bestimmte Datenmenge überschritten wird - allerdings nicht mehr so stark wie ursprünglich geplant. Statt bei 400 Kilobit pro Sekunde soll die Mindestgeschwindigkeit bei zwei Megabit pro Sekunde liegen. Damit wäre auch eine gedrosselte Leitung noch doppelt so schnell wie die langsamste DSL-Verbindung. Filme in hoher Auflösung könnten im Netz dann aber nicht mehr angeschaut werden.

'Wir haben in den letzten Wochen unseren Kunden zugehört, und wir haben verstanden, was die Hauptsorgen waren', sagte Michael Hagspihl, bei der Telekom fürs Marketing in Deutschland verantwortlich. Dass die vor allem in sozialen Netzwerken und Foren geführte Debatte dazu geführt habe, dass Kunden auch ihren Anschluss bei der Telekom kündigen, habe man nicht feststellen können. Derzeit prüft auch die Bundesnetzagentur die Pläne der Telekom. Zudem hat der britische Mobilfunkkonzern Vodafone ein Angebot vorgelegt, um den deutschen Netzbetreiber Kabel Deutschland zu übernehmen. Mit einem eigenen Netz für schnelle Internetverbindungen könnte Vodafone auch jene Kunden gewinnen, die mit der Tempobremse bei der Telekom unzufrieden sind.

Die Regelung greift erst 2016, gilt allerdings für alle Kunden, die seit dem 2. Mai dieses Jahres einen neuen Vertrag für einen Internetanschluss bei der Telekom abgeschlossen haben oder noch abschließen werden. Wer mehr Daten übertragen will, soll sich Zusatzpakete kaufen können, die zehn bis 20 Euro kosten sollen. Diese Werte seien jedoch 'nicht in Stein gemeißelt', wie Telekom-Manager Hagspihl betonte. Das Unternehmen suche nach Lösungen, um den Netzausbau zu stemmen. Weil immer mehr Menschen immer mehr im Internet machen, wächst die Menge der durchs Netz geschleusten Daten. Allein in Deutschland wird sich der Datenverkehr in den nächsten fünf Jahren etwa verdoppeln. Die Telekom will deshalb sechs Milliarden Euro in den Ausbau schneller Internetverbindungen investieren.

Versöhnt sind die Kritiker jedoch nicht: 'Wenn mehr als eine Person im Haushalt Videos schaut, ist das Internet für die anderen nicht mehr benutzbar', sagte etwa der Netzaktivist Markus Beckedahl. Er hält die nachträgliche Anpassung der Übertragungsgeschwindigkeit lediglich für ein 'Ablenkungsmanöver'. Denn ihren eigenen Fernsehdienst will die Telekom auch weiterhin nicht auf die gedeckelte Datenmenge anrechnen. Kritiker sehen darin einen Verstoß gegen die Netzneutralität. Beckedahl dringt darauf, dieses Prinzip, nach dem alle Inhalte im Internet gleichberechtigt behandelt werden, im Gesetz zu verankern. Es gibt auch eine Petition mit dieser Forderung, die ein Tübinger Student initiiert hat, nachdem die Telekom ihre Pläne Ende April vorgestellt hatte. Mehr als 70000 Menschen haben das Papier unterzeichnet. Am 24. Juni wird sich der Petitionsausschuss des Bundestags damit beschäftigen. Seite 4, Wirtschaft

SZ vom 13.06.2013

Quelle: http://www.sueddeutsche.de/n52385/13662 ... unden.html